Gotthardnordrampenwanderung

Staumaier Pfaffensprung

Gotthard Nordrampe. Warum nicht? Ich bin so oft in meinem Leben durchgefahren, da könnte ich meinen, ich kenne die Gegend. Mitnichten. Nur wenn man oft durchfährt und nicht anhält, bekommt man eben nur das mit, was da so am Bahnfenster an einem vorbeihuscht. Und meist habe ich sowieso etwas gelesen, bin eingedöst oder habe mich auf etwas anderes konzentriert. Nur selten mal rausgeschaut. Ganz schnell um zu merken, nein, in Wassen sind wir noch nicht. Es waren eben Reisen. Meist ins Tessin, manchmal weiter. Und logischerweise auch wieder zurück.

Fussgängerbrücke über den Fellibach

Brücken über Brücken und Brücken unter Brücken, Brücken hinter Brücken und Brücken nach Brücken. Überall Brücken. Und Tunnels. Logisch. Sowohl die Bahn wie die Autobahn streben nach einem Ziel hier: dem grossen Tunnel. Nicht dem ganz langen, der ist irgendwo unter mir.

Im Innern der Turmruine des Meierturms gibt es auch wieder Brücken. Sie verfolgen mich. Überall. Aber die Aussicht. Vom Meierturm aus ist sie wunderbar. Aber auch auf der Wanderung.

Lawinengalerie Gotthard Nordrampe

Wäre da nicht die ohrenbetäubende Lärmkulisse, die immer wieder auf der Wanderung auftaucht. Zwischendurch sehnte ich mich nach Gehörschutzpropfen. Auch wenn der Weg oft weit weg ist, der Lärm ist einfach immer da. Die Züge hört man eigentlich nicht. Seit der Basistunnel wieder offen ist, fahren auch nicht mehr so viele. Immer wieder mal einen Treno Gottardo, einmal ein Kieszug, der wohl zur Baustelle des neuen Autotunnels gefahren ist. Und einmal eine brandneue Lokomotive von Stadler, die einfach so durchhuschte noch bevor ich sie mit der Kamera einfangen konnte.

Kriegsbrücke

Ganz am Anfang der Wanderung war eine auffällige Brücke, die ich schon ein paar Mal aus dem Zug erblickt habe. Jetzt weiss ich für was die war: das war eine temporäre Brücke für Material beim Bau des Basistunnels. Und sie ist alt, diese Brücke. Es ist eine „Kriegsbrücke 1936“, die nicht genietet sondern geschraubt ist und jahrzehntelang eingelagert war. Zum Einsatz kam sie dann vor wohl so zwanzig Jahren endlich einmal. Jetzt ist sie eine Fussgängerbrücke im Gewand einer Eisenbahnbrücke. Immer wieder Brücken im Reusstal.

Bahnstrom

Das Bild ganz am Anfang zeigt ja eine Staumauer. Sie steht beim sogenannten Pfaffensprung, einer engen Schlucht. Die SBB haben in den 1910er-Jahren diese Stelle ausgewählt um eine Staumauer zu bauen. Dort wird das Wasser der Reuss gefasst und nach Amsteg geleitet. Und mit der Energie dieses Wassers wird Bahnstrom erzeugt. Der Blick auf den Hochspannungsmasten verrät einem, dass es ein Bahnstrommast ist. Es sind immer zwei Leiter pro Ausleger und gesamthaft eine gerade Zahl. „Normaler“ Strom ist dreiphasig, die Leiterzahl also immer durch drei teilbar. Useless fact, eigentlich. Aber doch reizvoll zu wissen.

Für einmal, so denkt man, ist auf dem Bild ausser Rohren und Wald und einem Zaun und einer Treppe keine Brücke zu sehen. Doch das täuscht. Unter den Rohren fährt die Bahn durch. Man muss etwas suchen, aber dann sieht man den Zug. Also auch da wieder: Brücke. Wieder. Die Rohre sind übrigens nicht mehr in Gebrauch. Seit rund 25 Jahren ist ein neues Kraftwerk in Betrieb, das sich in einer Kaverne im Berg befindet. Davon sieht also nichts mehr. Die Rohre und das alte Turbinenhaus stehen unter Denkmalschutz.

Kirche von Wassen

Aber hier mal wirklich keine Brücke. Dafür die weltberühmte Kirche von Wassen. Mal aus einer anderen Perspektive, nicht aus dem Zug. Und ich habe sie nur ein Mal gesehen, vom Stausee beim Pfaffensprung aus. Denn die Reise ging dann mit dem Bus zurück nach Erstfeld. Regionalzüge fahren schon lange keine mehr. Und beim Umsteigen in Arth-Goldau habe ich zum ersten Mal so richtig den etwas eigenartig gestalteten Brunnen auf dem Perron zwischen dem Zug in Richtung Luzern und dem in Richtung Zürich gesehen. Und gerade keine Brücke in Sicht. Dafür die Kugeln. Und dann kam er auch schon, der Zug aus dem Basistunnel, der noch in Lugano war, wo ich in Wassen in den Bus gestiegen bin. Und schon bald war ich in Zürich. Einem Bahnhof, der eigentlich auch nichts anderes ist als eine Brücke über die Sihl. Eine sehr breite zwar.

Brunnen Bahnhof Art-Goldau
Informationen: Wanderung von Erstfeld bis zum Pfaffensprung bei Wassen. Dauer ca. 4 Stunden (ohne Pausen). Sowohl der Start wie das Ziel sind gut mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar. Unterwegs hat es mehrere Orte, die einen Aufenthalt wert sind (siehe Text).
Die meisten Bilder sind mit einer Fuji XT-4 entstanden. Die Bilder der Kriegsbrücke und des Brunnens sind mit einem iPhone aufgenommen worden.

Diese Bilderserie ist auch auf meiner flickr-Seite zu finden.

Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter: