Mensaschlangennovellengespräch

Die Warteschlange bei der Mensa ist so eine Schicksalsgemeinschaft. Manchmal ist man von unbekannten Gesichtern umgeben, manchmal von bekannten, und manchmal ergeben sich kurze, gute Gespräche. Letzthin traf ich auf eine Deutschlehrerein und wir hatten es über Bücher, die wir im Monent lesen. Damals war ich gerade dabei, die Dürrenmattbiographie von Weber abzuschliessen. Ihr gefällt Dürrenmatt nicht so besonders, aber aktuell lese sie in der Klasse Novellen und diskutiere über die Novellentheorie. Da ich ja nie ein humanitäres Gymnasium besucht habe, wusste ich nichts darüber, habe aber Novellen mit Genuss gelesen. Ich erfuhr, dass in Novellen ein Dingsymbol vorkäme und dass eine Einmaligkeit geschehe. Als ich dann nach den Buchtiteln fragte, die sie in der Klasse lese, erwähnte sie u.a. die Entdeckung der Currywurst. Vor rund zwanzig Jahren habe ich das Buch von einem Freund (den ich aus den Augen verloren habe) geschenkt bekommen. Ich las es mit Vergnügen. In dem Moment in der Mensaschlange erinnerte ich mich nicht mehr wirklich an den Inhalt, aber ich erinnere mich gut, dass mir das Buch gefallen hatte. Ja, um Currywurst ging es, erinnere ich mich. Aber das sei nicht das Dingsymbol, war ihr Einwand. Aufgelöst wurde das dann nicht mehr, wir bekamen unser Essen und am Tisch liefen andere Gespräche.

Während meiner Reise nach Martigny habe ich das Buch mitgenommen und gelesen. Wie die Erinnerung sich doch von einem Titel täuschen lässt. In der Tat, die Currywurst ist gar nicht das Wichtige in diesem Buch. Aber was ist jetzt das Dingsymbol? Der Pullover, den Frau Brücker während den Besuchen strickt? Vermutlich. Eigentlich ist es mir egal. Sowieso ist es ein gutes Buch, das ich mit Vergnügen ein zweites Mal gelesen habe.


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